Vor Mikrofon und Kamera
Führende Mitarbeiter von Unternehmen und Institutionen und deren Pressesprecher werden von den Medien sehr häufig um eine Stellungnahme gebeten; zu Statements, zu Interviews, zu Talkrunden oder zu Streitgesprächen, vor allem im Fernsehen.
Auch wenn es gelegentlich so scheint, als ob Medienpräsenz allein genügt, um wichtig zu werden, gilt nach wie vor:
Welche Informationen vom Zuschauer aufgenommen werden und - mindestens
so wichtig - welcher Eindruck von der Person und damit seiner Organisation
in Erinnerung bleibt, hängt weitgehend von dem Geschick der Person
ab, die sich den Fragen von Journalisten stellt oder mit einem "Gegenspieler"
diskutiert.
Die gute Nachricht: Diese "mediale Geschick" ist zum großen
Teil handwerkliches Können, und das läßt sich erlernen.
Es setzt sich zusammen aus klarer und prägnanter inhaltlicher Darstellung und aus einer anregenden Präsentation.
Dazu gehört neben verständlicher Information auch das sympathische Auftreten durch die Art des Sprechens, durch passende Kleidung und Bewegung, einer kongruenten Körpersprache.
Die meisten Zuschauer und Hörer beurteilen Sie und Ihr Unternehmen nicht aufgrund einer intellektuellen Überprüfung Ihrer Argumente.
Die Lernpsychologie jedenfalls hat nachgewiesen, dass über das Fernsehen vermittelte Inhalte besser behalten werden als gelesener Text. Nach einer Woche ist das meiste jedoch vergessen. Die spontan vorgenommene "emotionale Besetzung der Akteure" aber hält beim Zuschauer sehr viel länger an und ist nur mit erheblichem Aufwand zu verändern.
Einstellung
Wird von Ihnen ein Interview gewünscht, machen Sie sich als erstes klar, dass Sie die inhaltlich kompetentere Person sind. Zu dem fraglichen Thema wissen Sie so viel mehr als die meisten Journalisten. Es wird nur dann unangenehm, wenn Sie mit Fragen rechnen müssen, auf die Sie keine vollständigen Antworten haben. Aber wann kommt das schon vor bei richtiger Vorbereitung?
Vorbereitung
- Wer ist Ihre Zielgruppe?
- Was möchten Sie diesem Publikum nahebringen?
- Benötigen Sie Zahlen und Fakten?
- Wenn Sie Ihren Fachjargon benutzen wollen, wie lautet eine anschauliche Übersetzung?
- Überlegen Sie sich vor allem Beispiele, mit denen Sie etwas illustrieren können. Je weniger abstrakt Sie reden, desto mehr wird von Ihrer inhaltlichen Aussage behalten, auch weil die Zuschauer und Hörer Ihnen lieber zuhören.
Grundlage
Bei jeder Kommunikation, also auch beim Interview, sind mindestens zwei Dimensionen zwischen den Beteiligten vorhanden: der Sachinhalt des Gesagten und die Beziehung der Handelnden.
Auf der Inhaltsebene geht es um Informationen, hier dominiert die gesprochene Sprache. Auf der Beziehungsebene überwiegen die nichtsprachlichen Signale.
Körpersprache, also alles was wir mit Augen, Gesicht, Gestik, Bewegungen und Haltungen und Stimme ausdrücken, ist mindestens so wichtig wie das gesprochene Wort. Sie beeinflusst die Gefühle zwischen den Partnern und in Folge auch die Inhalte.
Körpersprache wirkt immer, im Alltagsgespräch und in der Interview-Situation.
Empfänger
Beim Interview kommt nun erschwerend hinzu, dass Ihr Auftritt auf Dritte, die Zuschauer und Hörer, gerichtet ist. Das stellt den Befragten vor eine zweifache Aufgabe: Sie müssen den Fragen des Interviewers folgen (zumindest glauben Sie, dass Sie müssten, so ist die Konvention) und gleichzeitig im Blickfeld behalten, ob Sie die eigenen Botschaften schon ausreichend formuliert haben.
Sie müssen nicht in erster Linie den Interviewer überzeugen sondern, über Bande, die Zuschauer, die Hörer.
Die erste Phase entscheidet. Nach etwa 30 Sekunden kommt die Weiche. Habe ich die Empfänger gewinnen können? Habe ich mit dem, was ich gesagt habe, den Empfänger beeindruckt, dass er meint, es lohne sich für ihn, mir weiter zuzuhören, dass es für ihn wichtig, nützlich oder wenigstens unterhaltend sein könnte? Dass er seine kostbare Zeit nicht umsonst vertan hat?
Der Interviewer
Der Interviewer kann unterschiedliche Strategien benutzen, ein Thema anzugehen. Die sollten Sie kennen oder durchschauen, um geschickt darauf reagieren zu können. Das beginnt bei den Fragearten. Ist die Frage geschlossen oder offen? Ist es eine suggestive Frage oder eine Oder-Frage? Ist es überhaupt eine Frage? Und das endet damit, wie der Interviewer Sie im Studio oder in Ihrem Hause platziert.
Das Interview
Konzentrieren Sie sich im Interview heroisch auf Wesentliches. Lösen Sie sich von der Vorstellung in den drei, vier Minuten alles unterbringen zu wollen, was Sie zu dem Thema wissen. Deshalb beschränken Sie sich auf ein oder zwei Aspekte und vertiefen diese lieber als auf der Oberfläche entlang zu rutschen.
Deutliche Haltung auch bei kontroversen Interviews erfreut das Publikum. Nichts wird übler genommen als verwaschene Aussagen. Entschieden-Sein nimmt auch dem Interviewer eine Angriffsfläche. So werden Sie die Sympathien und die Anerkennung der Zuschauer erhalten.
Ihre Fragen vor dem Interview
- Interview live oder aufgezeichnet? Wenn Aufzeichnung, wird sie geschnitten? Kann ich Mitschnitt erhalten?
- Wie lang soll das Interview dauern?
- Was ist das Informationsziel, was sollen die Hörer erfahren?
- Was ist der Anlass für den Interview-Wunsch?
- Was weiß der Interviewer dazu? Wie heißt der Interviewer?
- Führe ich das Vorgespräch mit einem anderen als mit dem Interviewer?
- Im Studio: Wer kommt noch außer mir?
- Im TV-Studio: Findet das Interview im Sitzen oder im Stehen statt?
- Welche Farbe überwiegt in der TV-Studio-Dekoration?
- Welchen "Drehort" biete ich einem TV-Team an, wenn es zu mir ins Haus kommt?
- Habe ich ein oder zwei gute Beispiele parat mit denen ich das Problem illustrieren könnte?
- Habe ich Zahlen, Vergleiche bereit?
- Welches Material (Papiere, Broschüren, Anschauungsmaterial) nehme ich mit ins Studio?